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Werden die Menschen wirklich immer dümmer?

Um es kurz zu machen: Ich weiß es nicht.

Was ich aber weiß ist, dass die Behauptung, die in den letzten Wochen durch die Medien geisterte, dass Forscher herausgefunden hätten, dass dem so sei, nicht zutrifft.

Hier beziehen sich die besagten Medien auf einen Artikel von Gerald R. Crabtree, der im November online auf dem Fachjournal Trends in Genetics erschien. In diesem stellt der Autor seine Hypothese vor, dass die Menschen durch mittlerweile fehlenden selektiven Druck auf Intelligenz hin, immer dümmer werden.

Er begründet diese Hypothese, indem er sich anschaut, wie viele Gene auf dem X-Chromosom intellektuelle Beeinträchtigungen hervorrufen, wenn sie mutiert sind (X-linked intellectual disability, XLID) und rechnet dann auf unser gesamtes Genom hoch.
Eine Mutation in etwa 200 Genen von den etwa 800 auf dem X-Chromosom gelegenen führt zu XLID und es gibt keine Hinweise darauf gibt, dass das X-Chromosom für Gene, die sich auf unsere Intelligenz auswirken, angereichert ist. Darüber schätzt er, dass etwa 10 % – 25 % unserer Gene eine Auswirkung auf unsere Intelligenz haben.
Außerdem folgert er daraus, dass nur eine Mutation in einem der 200 Gene, die in XLID herein spielen, auch zu XLID führt, dass es wenig Redundanz bei den für unseren Intellekt zuständigen Genen vorhanden ist. Es ist also relativ wahrscheinlich, dass Mutationen in den sich auf unsere kognitiven Fähigkeiten auswirkenden Genen auftreten und sich dort anhäufen.

Soweit ist das eine sehr schlüssige Hypothese, die Crabtree vorstellt.

Spekulativ wird er dann, sobald er behauptet, dass keine Selektion gegen nachteilige Mutationen auf diesen Genen stattfindet. Begründet wird das damit, dass in Jäger-und-Sammler Gesellschaften kognitive Fähigkeiten wichtiger waren, als in städtischen Gesellschaften. Dort wird mangelnde Intelligenz durch gegenseitige Unterstützung ausgeglichen. Dadurch, dass mehr Menschen zusammen wohnen, wird aber eine stärkere Resistenz gegen Krankheiten begünstigt. Er behauptetet nicht, so wie es in einigen Artikeln zu lesen war, dass diese Krankheitsresistenz selber die Intelligenz herab setzt.

Die Sache ist nur – er hat keine Belege dafür, dass in nomadischen Gesellschaften wirklich stärker auf kognitive Fähigkeiten selektiert wird. Er schlägt aber ein Experiment vor, mit dem man seine Hypothese prüfen kann.

Weiterhin gibt er zwar zu, dass viele der Gene, die er nennt, primär andere Funktionen haben und sich nur mittelbar auf die Intelligenz auswirken, verschweigt aber, dass gegen Mutationen in diesen Genen auch aus anderen Gründen selektiert werden kann und höchst wahrscheinlich auch wird. Dieses finde ich ein wenig unglücklich.

Zusammenfassung

Zusammenfassend muss man also feststellen, dass Crabtree eine interessante Hypothese vorstellt, die man sicherlich einmal näher untersuchen sollte. Er zeigt jedoch nicht, so wie es viele Zeitungen und Zeitschriften darstellten, dass wir Menschen unsere intellektuellen Fähigkeiten verlieren.

Quellen

Crabtree G.R. (2012). Our fragile intellect. Part I, Trends in Genetics, DOI:

Crabtree G.R. (2012). Our fragile intellect. Part II, Trends in Genetics, DOI:

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