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Grundkurs Biologie: Klassische Genetik 2

Jedem, der den vorherigen Beitrag gelesen hat, wird wohl aufgefallen sein, dass das Wort „Merkmal“ in diesen Beitrag zwei verschiedene Bedeutungen gehabt haben schien. Zum einem Stand es für eine Eigenschaft eines Individuums, wie zB. „Farbe der Samen“ oder „Form der Samen“, zum anderen wurde es aber auch dazu benutzt die konkrete Merkmalsausprägung, wie zB „grüne Samen“ oder „gekräuselte Samen“, zu beschreiben.Um eventuelle Missverständnisse zu vermeiden, ist es ratsam hier zwei Begriffe einzuführen, die Mendel zwar selbst noch nicht benutzte, die aber heutzutage im Gebrauch sind: Nennen wir deshalb ein Merkmal „Gen“ und die Ausprägung eines Merkmals „Allel„. In unserem Einführungsbeispiel haben wir also das Gen „Samenfarbe“ mit den Allelen „grün“ und „gelb“. Hierbei gilt die Konvention, dass dominante Allele eines Gens mit einen Großbuchstaben und rezessive Allele des gleichen Gens mit den gleichen Buchstaben in Kleinscheibung bezeichnet werden. In unserem Beispiel könnten wir also das Allel, welches für eine grüne Samenfärbung verantwortlich ist mit „G“ und das, welches für eine gelbe Samenfärbung verantwortlich ist mit „g“ benennen. Naturgemäß sind das noch sehr einfache Definitionen, die wir aber im Laufe dieser Reihe von Beiträgen noch verfeinern werden.

Durch kombinatorische Mittel errechnete Mendel nun, dass sich seine Beobachtungen dadurch erklären lassen, dass in den meisten Zellen von jedem Gen zwei Kopien vorliegen. Sind diese beiden Kopien nun beide mit demselben Allel besetzt, so gibt es natürlich keine andere Möglichkeit als dieses Allel auch das Erscheinungsbild des Lebewesens bestimmt. In unserem Beispiel der Samenfarbe heißt das, dass eine Pflanze mit zwei Allelen für eine gelbe Samenfarbe (gg) auch gelbe Samen hervor bringen wird und eine Pflanze mit zwei Allelen für eine grüne Samenfarbe (GG) dann grüne Samen.
Kommen aber nun zwei verschiedene Allele zusammen, hier also ein Allel für eine grüne Samenfarbe und eines für eine gelbe (Gg), so bestimmt das dominante Allel das Erscheinungsbild des Lebewesens. In unserem Beispiel würden diese Erbsenpflanzen also grüne Samen hervor bringen.


Abbildung 1: Allelaustattung der Individuen und dazugehöriges Erscheinungsbild der Erbsensamen.

Es ist auffällig, dass das selbe Erscheinungsbild augenscheinlich durch verschiedene Allelkombinationen hervorgerufen werden kann. Dadurch, dass das Allel für eine grüne Samenfarbe dominant ist, erhalten wir grüne Erbsensamen sowohl bei zwei vorliegenden Allelen für eine grüne Samenfarbe als auch, wenn jeweils ein Allel für eine grüne und eines für eine gelbe Samenfarbe vorliegt. Die Allelverteilung und das Erscheinungsbild eines Individuums scheint also zwar miteinander verknüpft, aber nicht miteinander identisch zu sein. Aus diesem Grund wird die Gesamtheit der Gene und deren zugehörigen Allelen eines Individuums als Genotyp und das Erscheinungsbild des Individuums als Phänotyp bezeichnet.

Weiter oben schrieb ich, dass die meisten Zellen zwei Kopien eines Gens besitzen. Eine wichtige Ausnahme davon sind Keimzellen, also Eizellen und Spermien. Mendel erkannte, dass diese nur eine Genkopie besitzen können. Wird also eine Keimzelle gebildet, so erbt die Keimzelle eines der Allele der Vorgängerzelle.

Abbildung 2: Genotypen und mögliche Keimzellen

Verschmelzen nun zwei Keimzellen und formen so ein neues Individuum, so hat dieses natürlich wieder zwei Kopien jedes Gens; eines von der „Mutter“ und eines vom „Vater“.
Dieses lässt uns nun auch die Ergebnisse von Mendels Versuchen verstehen. Durch Jahrhunderte der Zucht waren beide Allele der Gene der Erbsenpflanzen die Mendel für seine Experimente auswählte für die untersuchten Merkmale identisch. Man nennt das homozygot für dieses Merkmal. In unserem Beispiel der Samenfarbe waren die Erbsenpflanzen also entweder GG oder gg, jedoch nie Gg. Wird nun eine Erbsenpflanze mit gelben Samen (gg) mit einer Erbsenpflanze die homozygot für eine grüne Samenfarbe ist gekreuzt, so kann natürlich von der ersten Pflanze nur ein g-Allel kommen und von der anderen Pflanze nur ein G-Allel (siehe Abbildung 2). Das heißt, dass alle Pflanzern der F1-Generation für die Samenfarbe Gg sind. Sie besitzen also zwei verschiedene Allele für das entsprechende Gen; man nennt dieses heterozygot.

Abbildung 3: Beispielhafter, schematischer Erbgang F0- bis F1-Generation

Der Genotyp, wie auch der Phänotyp der F1-Generation muss also bei allen Individuen dieser gleich sein; in unserem Beispiel also Pflanzen mit grünen Samen. Kreuzt man die Individuen der F1-Generation dann untereinander, so können die einzelnen Individuen entweder ein g-Allel oder ein G-Allel an ihren Nachwuchs weitergeben. Es werden also Keimzellen gebildet die entweder das g-Allel oder das G-Allel tragen. In Tabelle 1 sind die möglichen Kombinationen die aus der Kreuzung zweier Individuen der F1-Generation hervorgehen können anhand der Samenfarbe beispielhaft dargestellt:

G g
G GG Gg
g Gg gg

Tabelle 1: Mögliche Kombinationen aus Kreuzung zweier Individuen die für die Samenfarbe beide heterozygot sind. In Fett die Keimzellen.

Wie man sieht, erhält man doppelt so viele heterozygote, wie jeweils homozygote Individuen in der F2-Generation. Diese heterozygoten Individuen zeigen des weiteren noch den gleichen Phänotyp, wie die homozygot dominanten Individuen. Wir haben also eine Verteilung von gelben zu grünen Erbsensamen im Verhältnis 1:3 – genau, wie Mendel dieses in seinen Versuchen auch beobachten konnte.

Abbildung 4: Beispielhafter, schematischer Erbgang F0- bis F2-Generation

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Grundkurs Biologie: Klassische Genetik 1 – Mendelsche Regeln

Oder: „Das muss das Blag von deiner Seite haben!“

Im Frühjahr des Jahres legte der Augustinermönch Gregor Mendel dem Naturforschenden Verein Brünn eine zu dieser Zeit kaum beachtete Arbeit vor. In dieser beschrieb er die Erkenntnisse, die er bei Kreuzungsversuchen mit verschiedenen Erbsenzüchtungen erlangt hatte.

Ausgehend von eigenen Voruntersuchungen wählte Mendel geeignete Erbsenzüchtungen für seine geplante Kreuzungen aus und identifizierte sieben Merkmale, in denen die Züchtungen sich unterscheiden konnten. Werden nun zwei Züchtungen gekreuzt, die sich in mindestens einem Merkmal unterscheiden, so liegt das differierende Merkmal in der ersten Tochtergeneration (F1-Generation) meistens nicht zwischen den Merkmalen der Elterngeneration (F0-Generation). Statt dessen erbt die F1-Generation dann das Merkmal eines der Elternpflanzen.

Schauen wir uns nun ein konkretes Beispiel an:
Eines der untersuchten Merkmale war die Samenfarbe. Diese kann entweder gelb oder grün sein. Mendel kreuzte nun eine Erbsenzüchtung mit gelben Samen mit einer mit grünen Samen. Die Individuen der F1-Generation besaßen alle grüne Samen und nicht eine irgendwie geartete Zwischenform zwischen gelb und grün. Mendel nannte nun das Merkmal, welches alleinig vererbt wurde dominierend (heutzutage wird es als dominant bezeichnet). Das Merkmal aber, welches in der F1-Generation anscheinend verschwand, nannte er rezessiv.

Uniformitätsregel: Kreuzt man zwei reinrassige Individuen verschiedener Rassen einer Art miteinander, so zeigen alle Individuen der 1. Tochtergeneration (F1-Generation) das gleiche Aussehen.

Kreuzt man nun aber Individuen der gleichförmig erscheinenden F1-Generation miteinander, so geschieht etwas komisches: In der entstandenen F2-Generation tauchen bei etwa einem Viertel der Individuen die in der F1-Generation verschwundenen rezessiven Merkmale wieder auf.
Das heißt, dass als Mendel die Erbsenpflanzen mit grünen Samen, die aus der Kreuzung von Pflanzen mit grünen und gelben Samen hervorgingen, wieder miteinander kreuzte, zeigte etwa jede vierte Pflanze dieser F2-Generation wieder gelbe Samen.

Das Merkmal „gelbe Samenfarbe“ war also in der zweiten Hybridgeneration wieder aufgetaucht.

Spaltungsregel: Kreuzt man bei einem dominant-rezessivem Erbgang die Individuen der F1-Generation untereinander, so spaltet sich die F2-Generation im Verhältnis 3:1 auf. Dabei zeigen drei Viertel der Individuen die dominanten Merkmale und ein Viertel die rezessiven.

Des weiteren erkannte Mendel, dass wen er Züchtungen mit mehreren differierenden Merkmalen kreuzte, in der F2-Generation plötzlich Individuen auftauchten, die Merkmale von verschiedenen Züchtungen aufwiesen – und zwar wiederum in einem festen Zahlenverhältnis. Konkret heißt das, dass als Mendel zB. eine Züchtung mit grünen, gekräuselten Samen mit einer Züchtung mit gelben, glatten Samen kreuzte, er in der F2-Generation plötzlich auch Individuen mit grünen. glatten Samen und welche mit gelben, gekräuselten Samen hatte.

Unabhängigkeitsregel: Kreuzt man Rassen miteinander, die sich in mehreren Merkmalen unterscheiden, so werden die einzelnen Merkmale unabhängig von einander vererbt.

Auf das erwähnte feste Zahlenverhältnis und den Schluss, den Mendel aus seinen Entdeckungen gezogen hat, werde ich im nächsten Beitrag eingehen.

http://www.mendelweb.org/MWGerText.html

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