Monatsarchiv: Oktober 2010

Von Gold- und von Zitatminen

Als ich heute zum Spaß etwas in einem Kreationistenforum herum stöberte, fiel mir ein sehr interessanter Beitrag dort auf. Interessant aus zwei Gründen:

Erstens ist der erwähnte Beitrag eine Goldgrube für fehlerhafte oder bereits widerlegte kreationistische Argumente gegen Evolution/stheorie. Direkt der erste Einwand lautet so zB.:

1. Evolution has never been observed

Evolution has never been observed and leading evolutionists have even admitted evolution cannot be witnessed in the lifetime of an observer. The lack of a case for evolution is therefore most clearly recognized by the fact that no one has ever seen it happen.

Richard Dawkins: ‘‘Evolution… hasn’t been observed while it’s happening.’’

G. Ledyard Stebbins: ‘‘… the major steps of evolution have never been observed.’’

Jedoch konnte man Evolution schon beobachten (hier ein Beispiel). Auf dieses und die darauf folgenden Argumente werde ich in gesonderten Artikel noch genauer eingehen.

Für Zweitens sollte man die beiden Zitate, die das Argument abschließen beachten. Es ist interessant, dass jedes der zwanzig Argumente mit zwei Zitaten abschließt, die das Argument bekräftigen sollen. Was noch viel interessanter ist, ist, dass viele dieser Zitate von bekannten Befürwortern der Evolution und sogar Evolutionsbiologen, wie Darwin, Dawkins und Gould, kommen sollen. Am interessantesten ist es aber, dass diese Zitate dann allesamt gekürzt zu sein scheinen. Das schon aufgeführte Dawkinszitat ist z.B. genau in der Mitte gekürzt. Schaut man sich das Zitat im Ursprung an, so sieht man, dass Dawkins folgendes sagte:

„evolution has been observed. It’s just that it hasn’t been observed while it’s happening.

Außerdem fügt er noch hinzu:

The consequences of. It is rather like a detective coming on a murder after the scene. And you… the detective hasn’t actually seen the murder take place, of course. But what you do see is a massive clue. Now, any detective…

Vollständig hier

Er erklärt also anhand eines Gleichnisses, wie man wissenschaftlich Informationen gewinnt. Hier wird aus der Aussage, dass Evolution beobachtet wurde, die diametral entgegengesetzte Aussage, dass Evolution noch nie beobachtet wurde.

Diese Art des Sinn-entstellenden, außerhalb des Kontextes zitieren ist eine von Kreationisten gerne benutzte Taktik. Sie ist so häufig verbreitet, dass sie einen eigenen Namen bekommen hat: Quote mining (in etwa: Zitatabbau, angelehnt an z.B. Kohleabbau).

Ein weiteres Zitat aus dem Diskussionsbeitrag kommt von Darwin selber und lautet:

If species have descended from other species by fine gradations, do we not everywhere see innumerable transitional forms? …Why do we not find them imbedded in countless numbers in the crust of the earth?

Es soll hier also der Anschein erweckt werden, dass Darwin selber nicht von seiner Theorie überzeugt gewesen wäre (was für den Wahrheitsgehalt der Theorie jedoch vollkommen unerheblich wäre, sogar wenn dieses zu träfe).
Schaut man sich nun aber das vollständige Zitat an, so muss man erkennen, dass dieses nur eine rhetorische Frage war, mit der Darwin einen Argumentationsstrang eröffnet. Eine Vorgehensweise, die Darwin häufig nutzte.

But, as by this theory innumerable transitional forms must have existed, why do we not find them embedded in countless numbers in the crust of the earth?It will be more convenient to discuss this question in the chapter on the Imperfection of the Geological Record; and I will here only state that I believe the answer mainly lies in the record being incomparably less perfect than is generally supposed. The crust of the earth is a vast museum; but the natural collections have been imperfectly made, and only at long intervals of time.

Kapitel 6, 6.Ausgabe von „Origin of Species“

Was können wir nun daraus lernen? Nun ja, zuallererst sollte man bei angeblichen Zitaten deren genaue Quelle aber nicht genannt wird immer vorsichtig sein. Auch seltsame Auslassungen in einem Zitat sollte Misstrauen wecken, ebenso wie, wenn das Zitat völlig untypisch für die Person ist. Also, immer lieber selber das Zitat im Ursprung ansehen.

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Spielend der Wissenschaft helfen

Vor einiger Zeit hab‘ ich in den unendlichen elektronischen Weiten ein Spiel namens Foldit entdeckt.

Wie man an dem Namen schon erraten kann, geht es bei dem Spiel darum etwas zu falten und zwar verschiedene Proteine. Dabei bekommt man als Spieler Punkte dafür, dass jeweilige Protein möglichst energetisch günstig zu falten, wofür einen diverse Werkzeuge zur Verfügung stehen. Ist man mit dem Internet verbunden, so werden die Ergebnisse auch direkt mit denen der Mitspieler verbunden.

 

Interessant ist bei dem Spiel, dass es erfunden wurde, um Vorhersagen über die Tertiärstruktur von Proteinen zu machen. Protein-Modeling ist ein unglaublich komplizierter Vorgang, bei dem man die Struktur von Proteinen von den bekannten Strukturen ähnlicher Proteine abzuleiten versucht. Das ist rechenintensiv und kann auch leicht in Sackgassen enden. Die Entwickler von Foldit hatten nun die Idee, den Spaß der Menschen daran mit anderen in spielerischen Wettkampf zu treten für diese Zwecke auszunutzen.

Das Ergebnis ist, meiner Ansicht nach, sehr spaßig und gut gelungen.

 

Foldit gibt es für Windows, MacOS und Gnu/Linux-Derivate.

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